Haibun



Das Teehaus

Ein Meister saß im Garten neben der Quelle beim Teehaus.
Ein Schüler kam und fragte ihn: "Meister, bitte erzähle vom Teeweg!"


Harmonie in uns,
Ehrfurcht die uns ganz erfüllt,
gelebter Respekt,

Stille in uns und um uns,
Grundlegendes Sein im Hier.


Jede Bewegung,
jeder Gedanke und Sinn,
ständiges Üben.

Nur der Perfektionismus
ist der einzige Maßstab.


Keine Beachtung -
nicht suchend und nicht findend,
die Blume duftet.

Das kleine Ich vergessen,
das große Ich erziehen.


Jeder Augenblick,
neues Wissen und Denken,
die Knospe erblüht.

Die Wichtigkeiten gereiht,
das Ziel erscheint unwichtig.


Das Erkennen bringt:
Schwerter bleiben unberührt
Nur der Weg bleibt gleich!

Wo einst Kampf, dort ist Stille.
Wo einst Zwist ist Bruderschaft.


Der Teeweg lehrt uns:
Harmonie, Respekt, Ehrfurcht
aber auch Stille.

Schweigend die Tasse geleert,
Schweigen um sich zu hören.


Flüssige Jade,
Vier Matten und vier Takte,
die edle Schale.

Genuss für alle Sinne,
eine Tuschspur an der Wand.


Wege kreuzen sich,
chabana und Sumi-e,
chado treffen uns.

Geladen zum Chanoyu,
Stufenweises Erleben.


So sprach der Meister und fügte noch halblaut hinzu: "Außerdem bietet es Ruhe vor den lauten Fragen der Schüler!" und lächelte!!

[ eingetragen von: Dieter Igo ]
Pfeil und Bogen

Der Pfeil und der Schütze

"Komm", sagte ein Meister zu seinem Schüler- "geh ein Stück mit mir spazieren!!"
Der Schüler ging gerne mit, denn seit langen wollte er seinem Meister eine Frage stellen!
"Warum leidet der Mensch meist wenn er liebt?" fragte der Schüler und der Meister antwortete:

Fühlen und Leiden
Eines nährt das Andere
Unausweichlichkeit

Selbst gutes Gefühl
-es gebirt auch den Schatten
Das ist der Kreislauf

Der Schüler blickte nachdenklich und sagte schließlich: "Es ist ein nicht erstrebenswerter Zustand!" - doch der Meister meinte:

Gib kein Urteil ab
Weder Dir noch anderen
So befreie Dich

Worte als Worte
Tun um des Handelns willen
Keine Bewertung

Der Schüler meinte aber schließlich, das die Liebe eher zerstört und quält als gibt! doch auch hier meinte der Meister:

Zerstörung nur dort
wo etwas zu zerstören
Vernichtungsansporn

Nur der Wissende-
er lebt mit dem wie es ist
Tiefes Erkennen


"Nimm meinen Bogen und einen Pfeil" sagte der Meister zum Schüler. Und der tat wie ihm geheißen!

Spanne den Bogen
Nicht der Pfeil bestimmt das Ziel
Du lenkst den Mittler

Der Pfeil trifft immer etwas
doch manchesmal nicht dein Ziel.

Der Meister fuhr fort: Kan Ying sagte einst:

Das Bogenschießen
ohne Pfeil und den Bogen
ist die Vollendung.

"Denn" – so der Meister "es ist nicht der Bogen und nicht das Schwert das den Kampf, und so auch über den Sieg und die Niederlage entscheidet, nicht der Pfeil und nicht der Dolch.

Ein Sieg ohne Kampf
Handeln ohne Erwartung
Der Himmel scheint blau.

Zielen ohne Sicht
Treffen ohne Bewertung
Der Geist weiß alles.


Stille im Herzen
Ruhe und Kraft beim Abschuß
Der Geist lenkt den Pfeil

Du vertraust blind deinem Pfeil
Du und der Pfeil - ihr seid EINS.


Der Sinn des Schusses
ist nicht der Flug des Pfeiles,
es ist nur das Ziel.


Wissen wählt das Ziel
dein Geschick spannt den Bogen
Weisheit lenkt den Pfeil

Das Ziel treffen heißt: Erfolg
und es ist nicht das Ende.

Der Meister vergisst
was wirklich unwichtig ist,
Nur Perfektion

[ eingetragen von: Dieter Igo ]
Reden und Momente

"Meister," sagte ein Schüler nachdenklich- "wir sitzen oft zusammen und meditieren. Lange Zeit sitzen wir da und reden nichts. In der gleichen Zeit könntet ihr mich doch auch lehren indem ihr mir etwas erzählt!"

Reden und Handeln,
die Beweise des Lebens.
Aktives Hier sein!

Der Meister blickte auf den jungen Schüler und sprach:

Schweigen als Sprache.
Ein ermüdendes Sitzen,
der Augenblick zählt.

Wertvoller Moment
jeder anders und stets neu.
Perlenketten gleich.

Nur ein Augenblick,
ewige Kostbarkeiten
Ein Sein nur im Jetzt!


Stille und Weite,
Ruhe innen und außen!
Die Saat steht in Blüte.

Unbeachtet nun gereift,
Der Wind wiegt die reife Frucht!


Der junge Schüler meinte:
"Aber Meister, ich bin froh und glücklich wenn ihr mich weiter zum Erkennen bringt! Doch dafür bedarf es – so denke ich mir – Worte von Euch zu mir!"

Wartend auf Führung,
Hörend auf Eure Weisheit.
Nun bereit zur Saat!

Der Meister lächelte und meinte darauf hin:

Bereits Lao Tse sagte:
Das Glück dauert stets einen
kurzen Augenblick.

Er sagte auch noch:
Die Worte gleichen dem Wind-
unhaltbar, flüchtig!

Was Dein Herz nicht hört,
kann Dein Geist nicht verstehen.
Unmöglichkeiten.


Jeder Moment ist
ein stiller Moment des Glücks.
Wind im Bambuswald.

Viele dieser Momente
sind auch eine lange Zeit.


Worte vergehen,
stets wandelt sich das Wissen,
Wahrheit aber bleibt!


Wahrheiten sind da,
niemand muss sie erklären,
doch sie erkennen!

Dein Herz schlägt für Dich-
ohne Deiner Belehrung!

Die Worte als Saatgut-
Sie brauchen guten Boden.
Wo finde ich ihn?

Der junge Schüler schließt die Augen und ergeht sich in der Meditation. Der Meister lächelt und denkt sich: "Es ist wohl der richtige Weg und zugleich nun auch eine Wohltat die Stille nach dem Essen zu genießen."

[ eingetragen von: Dieter Igo ]
Schmetterling

Ein Schüler und ein Meister saßen im Klostergarten und unterhielten sich. Da gewann ein Falter ihr Interesse.
Der Schüler sah die leuchtenden Farben der Flügel und bewunderte deren Aussehen und Zeichnung.

Farbige Schönheit,
Geheimnisvolles Leben
Makellos und schön.

Anmut, Eleganz
Applaudierende Flügel,
Zärtliches Tanzen.


Darauf meinte der Meister:

Ein Ei von vielen,
Natürliche Auslese,
Dem Feind entkommen.

Leben als Raupe
Unscheinbar und auch schädlich.
Fressend und schmatzend.

Danach Verpuppung
und die innere Einkehr -
dem Ziel sich nähernd.

Nun Wiedergeburt -
als Schmetterling erwachen,
sich selbst entfaltend.

Anmut und Größe,
farbige Schönheit zeigen,
Blumen liebkosen.

Darauf meinte der Schüler. So ist es auch bei uns. Zuerst Schüler der Meister, innere Einkehr und Erkenntnis, danach zum Meister werden. Später folgt die Offenheit und man gibt sich als Meister zu erkennen um eigene Schüler zu lehren.

Der Meister lächelte und sagte:

Trag nichts nach außen,
Buddha lehrt Bescheidenheit,
Innerer Reichtum.

Danach sagte er weiter zum Schüler indem er auf den Schmetterling deutete:

Du siehst nun Farben,
er zeigt Dir seine Schönheit,
doch überlege!

Die Flügel zeigen außen
tarnende Bescheidenheit!

[ eingetragen von: Dieter Igo ]
Erleuchtung

Zwei Mönche unterhielten sich wer wohl bereits den größeren Teil des Weges zur Erleuchtung hinter sich brachte.
Der Ältere sagte:

Einfaches Leben
Sein nur im Hier und im Jetzt
Meditation


Sich selbst erkennen.
Den Kreis nun fast vollendet.
Fließendes Leben.

Die Dinge selbst erkennen.
Eins sein mit der Ewigkeit.


Geschult von Meistern,
Savaka Bodhi mein Ziel!
Die Vollkommenheit


Der Jüngere sagte darauf:

Der Theravada-
die Nikaya Schulen, Meister,
sie alle lehren.

Den eigenen Weg finden,
Samma Sambothi werden.


Die Basis ist hier,
nur der Start, und kein Ende.
der Weg ist noch weit.

Reine Weisheit erlangen,
danach lehren und führen!

Ein Meister hatte dem Gespräch zugehört, lächelte und sagte nur schlicht:

Euer Reden nun,
gilt als Beweis wo ihr seid,
- nicht einmal am Start.

[ eingetragen von: Dieter Igo ]
Natur

Ein junger Mönch reiste durch das Land. Er sah die Berge und Wiesen, die Täler, Wälder, Flüsse und Felder. Eines schönen Tages setzte er sich auf die Wiese, spürte den leichten Wind welcher die Wärme der Sonne nur ein wenig – aber sehr angenehm – milderte und begann eine Zwiesprache mit sich selbst.

Herrlichkeit umher.
Schön im Kleinen und Großen.
Die Blumen tanzen.

Der Wind berührt mich lieblich.
Die Sonne hilft mir sehen.

Bäume und Sträucher,
Gras, Getreide und Blumen,
Berge und Täler.

Vieles was mein Auge sieht,
doch mehr was mein Herz erkennt.

Er schloss die Augen und nahm den Geruch der ihn umgab in sich auf.

Die Welt erkennen,
mal mit Auge, mal mit Ohr,
mal mit der Nase.

Meist zusammen und doch blind,
taub, geruchlos, stumm und kalt.

Nur Innehalten?
Basho lehrte Einfachheit
doch wo Einfachheit?

Natur ist komplex
Einfachheit nur im Dasein?
Einfachheit im Herz?

Jedes Leben ist Natur,
so sind es viele Schichten!

Der Mönch machte die Augen auf und dachte an seinen Meister, denn er sagte ihm bereits vor langer Zeit:

Such nicht was offen,
wünsche nicht verborgenes,
erkenne das HIER!

Für den Weisen ist es so-
für den Dummen ein Rätsel.

Nur Dein Erkennen
nur Deine Sicht vermag es
den Wert zu geben.

Es ist was es ist,
Leben - ein kurzer Moment,
Ein Baum bleibt ein Baum.

Einfachheit im Sinn,
Freude im Herz und Auge,
Leben – hier und jetzt!

Doch ist es wirklich weise?
Ist es ein richtiger Weg?

Der junge Mönch war nun wieder in sich UNEINS, denn viele Fragen tauchen auf während die Antworten noch in den Tiefen blieben.

So sagte sich der junge Mönch – als derzeitige Erkenntnis:

Niemand weiß alles!
Niemand kennt all die Fragen,
Das ist Einfachheit.

Ein Blatt ist ein Blatt,
welche Farbe es auch hat!
Das ist Einfachheit.

Einfachheit im Jetzt,
Einfachheit auch im Haiku,
Ziel oder Startpunkt?

[ eingetragen von: Dieter Igo ]
I GING

Ein Schüler und auch der Meister waren betrübt über die schwache Leistung des Schülers im Bezug auf seinem Fortschritt auf dem Weg der Erkenntnis. Nach einer kurzen Meditation sagte der Schüler:

Meister, ich denke mir
mein Versagen beruht dort
wo der Anfang ist.

Du bist Teil davon,
wie auch die Erleuchteten.
Also seid dankbar.

Der Meister war erstaunt über die Aussage seines Schülers- zumal er eigentlich Selbsterkenntnis gewinnen sollte. Sein mangelhafter Fortschritt machte den Meister ohnehin etwas betrübt. Da sagte der Meister:

Gehe nun in Dich
Erkenne Du Deine Schuld
Sieh Dein Versagen.

Trauer bedeckt mich,
Mangelndes Erkennen Dich.
Es fehlt noch vieles!

Wenn Du Dich selbst erkennst,
Erkennst Du das Fehlen.

Der Schüler aber war anderer Meinung! Darum sagte er

Meister, das I GING
lehrt uns Ausgewogenheit
und die Akzeptanz.

Viele Erleuchtete hier,
das Gegenteil vollendet.

Nur wo noch nichts ist,
findet man Platz zum pflanzen.
So ist die Natur.

Wenn doch so vieles
an Weisheit euer Eigen,
was bleibt nur für mich?

Der Meister war erstaunt über die Aussagen seines Schülers.

Hör auf die Glocke,
auch wenn sie klingt gibt es Raum
für mehrere Töne.

Der Schüler aber entgegnete:


Doch vieles Läuten
lässt vieles nicht erkennen!
Nur Disharmonie!

Nur Ausgewogenheit bringt
die perfekte Harmonie.


Also warten wir-
du verlierst einst an Wissen,
und ich gewinne.

So bin ich der Spiegel
von eurer Weisheit und Kraft!


Gleichzeitig nun auch
die Bestätigung von euch
und von dem I GING.

Ihr akzeptiert und vertieft
eure Weisheit und Stärke!


Der Meister lächelte und sprach:

Ist Dein Erkennen
und Dein Wissen nun größer
als ich es glaubte?

Nein, Meister, nein, nein!
Denn wenn mein Wissen größer,
so fehlt es bei Euch.

Ihr seid mein weiser Meister,
ich nur der Platz zum pflanzen!

[ eingetragen von: Dieter Igo ]
Elemente

Vier ZEN Mönche unterhielten sich am Ufer des Flusses.
Da sagte der eine Mönch:

Wasser ist Leben
Essenz der Stärke und Kraft
Überall zu Gast

Im Wasser entstand Leben
Durch das Wasser ist das Sein.

Der andere Mönch meinte aber:

Erz ist stark und hart
die Erde ist aller Grund
Die Mutter Erde.

Die Erde ernährt die Welt
und zu Erde werden wir!

Der nächste Mönch lächelte und sagte:

Die Luft ist Leben
Nur durch die Luft gibt es Sein
Luft braucht jeder hier

Luft braucht Erde und Wasser
Sie ist Träger des Lebens!

Der vierte im Bunde war aber anderer Meinung und sprach:

Doch Bruder Feuer
reinigender Geist allhier
Veränderungen

Nur durch ihn entsteht Neues
Geist kraftvollen Neubeginns.

Da kam der Meister der Meditation, der eine Zeitlang zugehört hatte, lächelte die Schüler an und sprach:

Erde und Wasser,
Luft und geistvolles Feuer,
Sie sind die Brüder

Einer ohne Anderen -
nichts Wert in ihren Dasein.

Er setzte sich und sprach weiter:
Die Elemente
sie lehren Abhängigkeit
und Zusammenhalt

Nur wenn sie zusammen sind
ermöglichen sie das Leben.


Doch niemand weiß es
vielleicht geht es auch anders
es fehlt der Beweis

Vielleicht denken wir nur so
weil wir es nicht anders sehn!


Nur Vermutungen
nur Gedankenspielerei
nur leere Ideen

Es ist nur vorstellbar was
wir im Grunde auch kennen!

Mit einem Lächeln fügte er noch hinzu:

Ein Fisch im Wasser,
Die Vögel am Himmelzelt,
die Erdenwürmer

denken nicht darüber nach,
sie leben nur ihr Leben.

[ eingetragen von: Dieter Igo ]
Gespräch

Ein Priester und ein Zen Mönch trafen sich auf einer Wanderschaft. Der Priester trug sein Buch und einige Utensilien für seine Rituale.

Der Mönch sah ihn an und fragte:

Für was ist das Buch?
Für was die vielen Sachen?
Lasten oder Hilfen?

Der Priester blickte ihn fragend an und sagte:

Gottes Wort im Buch.
Wichtig der Kelch und das Kreuz.
Erinnerungen.

Nachzulesen die Weisheit.
Die Zeichen meines Amtes.

Der Mönch schritt weiter und sprach:

Musst Du nachlesen?
Ist das Wissen nicht in Dir?
Schwer scheint Deine Last!

Wissen aus alten Büchern?
Vorgegebene Handlung?

Der Priester sagte etwas ärgerlich – und wollte so dem Mönch zeigen dass auch andere Philosophen oft wiederholen:

Konfuzius sagte:
Lernen und Wiederholen,
ist eine Freude!

Denn nur die Wiederholung
festigt das Wissen in mir!

Der Zen Mönch lächelte und sagte darauf:

Wissen aus Büchern?
Nur eigenes Erkennen
öffnet das Herzen.

Was jemand sagt ist nur Wort.
Was jemand meint nur Verdacht.

Und schließlich klopfte er auf die Schulter des Priesters und sagte:

Ich helfe tragen.
Der Weg zur Weisheit ist schwer!
Ballast macht müde.

Das Wort soll von Dir sein!
Die Tat zeigt uns Deinen Wert!

Der Priester sagte darauf.

Lernen kann jeder
Verstehen verlangt Wissen.
Erkennen tut weh.

Doch mit dieser Aussage war der Mönch nicht zufrieden und so heiterte er den Priester auf und sagte schließlich:

Nichts ist nun wichtig,
morgen fragt niemand danach,
pflanze ein Lachen!

Der Priester meinte aber:

Folgend fremden Wort.
Versunken in Gebeten.
Taub und stumm lebend.

Hilfe nur ohne Taten.
Reden anstelle Handelns.

Doch der Mönch sagte:

Die Blumen blühen
die Sonne scheint heute auch.
Das Jetzt ist wichtig!

[ eingetragen von: Dieter Igo ]
Pflicht

Der Schüler und der Meister sitzen im Garten und meditieren. Es naht die Stunde der Pflicht zur Gartenarbeit. Da versucht der Schüler den Meister in ein Gespräch zu verwickeln um dieser Pflicht zu entgehen.

Da sagt endlich der Schüler zum Meister:

Die Weisheit von Dir -
erzähle mir von Deinem Weg
Ich will ihn finden

Der Meister aber erkannte den Sinn der Worte wohl, doch

Erkennende List.
Schmeichelnde Worte hörend.
Bereitwilligkeit.
Ein Meister ist nur ein Mensch, deshalb sprach er

Das Geheimnis ist
Sehe nicht zurück und nicht vor
Lebe nur im Jetzt.

Akzeptiere es einfach
Es ist einfach was es ist.

Die Antwort kam dem Schüler zu schnell – denn er suchte ein längeres Gespräch, deshalb sagte er:

Wie viele Jahre,
wie viele Wege muss ich gehn?
Wo ist das Ende?

Gibt es ein Ziel des Lebens?
Gibt es ein Ende vom Weg?

Der Meister lächelte und sprach:

Lange oder kurz
Das weißt ganz alleine nur Du
Du selbst bist das Ziel

Finde Dich selbst im Leben
und so wirst Du erkennen

Doch mit einem Schmunzeln fügte er dann hinzu

Doch spreche ich wahr?
Ist es nur mein Hirngespinst?
Denk darüber nach!

Hörst Du die Pflanzen?
Sie rufen lautlos nach Dir.
Die Pflichterfüllung!

Der Schüler stand auf und verbeugte sich und sagte:

Du besitzt Weisheit,
ich bedanke mich bei Dir
die Sonne ist warm!

[ eingetragen von: Dieter Igo ]
Meister und Schüler

Vor kurzem lauschte ich einem Gespräch - ich lausche sehr oft Gesprächen, falls denn überhaupt welche stattfinden...
Vielleicht habe ich ja auch schon bei dir gelauscht...
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Der Meister zu seinem Schüler am Abend bei untergehender Sonne: "Warum schaust du so betrübt über die Tollkirschsträucher der Sonne entgegen, vorbei an den stämmigen Ästen der Eiche?"

Es sind die Lüfte,
Bäume und Bäche der Erd'.
Nie träumt' ich süßer,
Nie träumt' ich mehr in Ängsten!
Ich falle sanft zu Boden.
Und der Fall ist das Ende

"Sage mir, kann denn dein Fallen schon den Tod bedeuten? Ist es nicht der ungebremste Aufschlag, der deinen letzten Hauch zum Himmel hebt?"

Im Sommer hinab
Fällt ein Blatt lebenden Stamms
Tot auf die Erde

Und er, der Meister, schwieg sehr lange, als er des Schülers Antwort hörte, er schwieg Tage und Jahre. Viele Monde und viele Minuten vergingen, bis er wieder zum Sprechen ansetzte, leicht wehmütig und denkend: "Deine Antwort, mein Freund, versetzt mich in tiefe Sehnsucht nach dem Glanze der Reinheit früherer Zeiten, sie hält mir vor Augen, wie weit der Sand gefallen. Nicht länger möchte ich verweilen an dem Orte der Lüge, an dem Orte der Wahrheit; der Wahrheit, die sich als Lüge nun zeigt. Hinaus. Nur hinaus möcht' ich gehen und noch genießen die Zeit der letzten Stunde."

Auf morschen Stämmen
Fauligem Rand, da sitzen
Die neuen Pflanzen

[ eingetragen von: Sebastian Schmidt ]
Am Set

Mondraben, Amselklang - die Ornithologie
ist nicht mein Fach. Solang es keine Schwalben sind
Glaub mir, was ich träume, ist poetisch archetypisch
als Kunstwerk. Luis hats angeschnitten:

Das Ziel kommt zu dir.
Hinterhältig wie das Zünglein
an der Waage...

Der Turm, mal wieder zu hoch. Und du, mir fern, stehst unten,
filmst die Tränentropfen, samt Sonett von Bett zu Bett.
Friedlich und bieder.
Ich fall dir entgegen im Faulpelz.
Wegen der Leidenschaft.

[ eingetragen von: cameleon ]
Universum

Entmutigend wie immer, der Heimweg.
Wenn die Korallen die Lichter löschen und der
Hai die Luken dicht macht,
und mich friert, vor lauter Brackwassergetöse.
Nirgendwo der Ansatz eines Bildgeschehens.
Wie zum Trost flüstere ich mir selbst zu:

Ich sehe nicht, was
ich sehe, sondern, was
ich mir vorstelle.

Doch diese Einsicht übersteigt im Augenblick
mein Vorstellungsvermögen.
Da die Bilder im Innern sich nicht von den
äußeren unterscheiden.

Mit kaltem Herzen
fällt es schwer, die Sonne
herbei zu denken.

Ich schlüpfe zurück in mein Universum und
hoffe auf einen
helleren Morgen.

[ eingetragen von: cameleon ]